April 2012: Zoo Rapperswil / KNIE Zoo Winterthur, Teil 1 

Elefanten und ihr Rüssel. Dieses aussergewöhnliche Mehrzweck-Organ ist wohl DAS Markenzeichen des grössten Landsäugers. Den wuchtigen und doch so empfindlichen Füssen, mit denen die Tiere auch einiges anstellen können, schenkt man automatisch weniger Beachtung. Hier also ein paar aktuelle Beobachtungen um Elefantenfüsse und eben… was man damit alles anstellen kann.


Abgesehen von essen, schlafen und baden haben die Elefanten auch praktische Eigenschaften. Bekanntlich findet mehrmals täglich das Elefantenreiten statt. Damit können sie sogar zur Deckung der Unkosten beitragen. Andere praktische Tätigkeiten wie das Tragen von Fressalien-Korb, Schubkarre, Besen oder Ankus (Elefantenhaken) dienen wohl mehr einem erzieherischen Zweck. Aber wo bleibt der Spass für die neugierigen Tiere? Den Gemüsekorb dürfen sie nur leer tragen, den Besen sollten sie nicht wie Aeste behandeln, und der Ankus - naja, wenn’s ganz ohne ihn auch geht…

Wir waren bei den praktischen Eigenschaften. Elefanten lieben knackende Geräusche. Auch PET-Flaschen können spannende Töne von sich geben. Rani hat eine solche teils gefüllte Flasche von ihrem Pfleger erhalten und kickt sie wie einen Fussball zwei-, dreimal herum. Dann steigt sie mit einem Vorderfuss vorsichtig auf das geschlossene Behältnis. Nichts passiert. Bei Versuch zwei geht sie entschiedener zur Sache, und das Plastikding explodiert mit einem lauten KNACKS. Der Inhalt spritzt raus wie der Inhalt einer Senftube, die von einer Strassenwalze geplättet wird. Die nun sachgerecht präparierte Hülle muss jetzt nur noch vom Pfleger entsorgt werden. Ob die Elefanten nach Torschluss mithelfen, den täglich anfallenden PET-Flaschenberg zu verarbeiten?

Rani gefällt diese Tätigkeit jedenfalls, wie man etwas später beobachten kann. Dazu muss ich ausholen: Sabu hat nach ihrem kurzen Bad Aepfel im Wasser liegen lassen. Also Elefantenäpfel, aber erstaunlicherweise auch einige der schmackhaften Früchte. Damit der Pool einigermassen sauber bleibt, werden die Fremdkörper regelmässig mit einem Netz rausgefischt. Die verdaute Nahrung wird weggeschaufelt, die davon getrennten Früchte liegen gelassen. Zufälligerweise ist es Rani, die diese entdeckt und interessiert berüsselt. Ist doch klar, was folgt: Beschlagnahmung zur sofortigen Verdauung! Doch Fehlanzeige: Rani lässt die Aepfel links liegen. Verächtlich zerdrückt sie diese mit dem „PET-erprobten“ Vorderfuss und hinterlässt eine Portion Apfelmus mit Schale. Exotische Geruchskombinationen wie „Aepfel mit Elefantendung“ sind eben nicht jedes Elefanten Sache. Oder wollte sie einfach nochmals was knacken hören?

Speziell erwähnenswert ist, dass meine Schwiegereltern, sozusagen meine Ersatz-Eltern, uns nach vielen schwierigen Monaten erstmals seit über einem Jahr wieder in den Zoo begleiten können. Abwechslung tut nicht nur den Elefanten gut!

Wechseln wir in den Wanderzoo des Zirkus KNIE. Ceylon, Delhi und MaPalaj sind bei typischem feucht-kühlen April-Wetter im warmen Zelt gut aufgehoben. MaPalaj streckt den Rüssel trotzdem immer wieder an die kühle Luft, unter der Zeltplane durch. Neben Massen an Heu gibt’s auch mal ein paar Brotreste, und dann ganze Ananas! Während Ceylon und Delhi die Sonderration wie bei Elefanten üblich in einem Stück einnehmen, ist Mapi wieder der Sonderfall: Die Ananasschale ist nicht geniessbar, also einmal draufgetreten, und geschält ist die Frucht! Als Nachbehandlung packt sie das flache, ehemals ovale Ding und schüttelt es richtig durch. Eine kleine Beute, die in der Rüsselspitze zurückbleibt. Mapi scheint jedenfalls zufrieden und lässt die Schalenteile trotz viel Fruchtfleisch im Heu liegen. Delhi lässt sich nicht zweimal bitten und putzt das Ananas-Massaker mit Genuss auf. Es wäre wirklich schade, wenn die halbe Ananas im Abfall landen würde!

Als die Zuschauer zur nachmittäglichen Zirkus-Vorstellung eingelassen werden, beginnt die nahe dem Elefantenzelt platzierte Zirkusorgel ihr fröhliches Spiel. Wie auf Kommando beginnen die drei tierischen Artistinnen Körper an Körper einen Gruppentanz. Natürlich fällt vor allem Nesthäkchen MaPalaj mit ihrem variantenreichen Kopfwippen aus dem Rahmen. Als Franco Knie jun. eintrifft, um seine drei Damen für ihren Auftritt vorzubereiten, ist ihnen immer noch eine belebende Vorfreude anzumerken. Sogleich werden die teils stereotypen Bewegungen von einer älteren Besucherin als „Langeweile“ taxiert. Doch wenn man die Tiere länger und unter verschiedenen Umständen beobachtet, muss man sagen, dass den Tieren gerade in diesem Moment kaum langweilig ist! Vielleicht sind sie etwas nervös, doch Elefanten sind neugierig und lieben Abwechslung. Verehrtes Elefanten-Publikum, bitte zurücktreten, und Abmarsch der Elefanten zur Manege.

Nach ihrem Auftritt werden die drei imposanten Damen direkt ins Aussengehege geführt. Aufstellen in einer Reihe, Kopfschmuck abnehmen, abgedüst zum Futtergitter. MaPalaj hat’s am eiligsten; da sie als Letzte vom Manegen“kleid“ befreit wird, hat sie nämlich einen Rückstand aufzuholen. Ceylon, für die die Arbeit noch nicht ganz getan ist, wird zum Elefantenreiten geführt. Kurz vor Ceylons erstem Rundgang löst sich Delhi von der Futterstelle, trottet gemütlich zur Aufsteige-Treppe und rüsselt im Vorbeigehen zu Ceylon hinüber. Jene rüsselt retour und startet im selben Moment zum Zirkuszoo-Rundgang. Delhi hingegen möchte wieder zu den Karotten zurück, doch... MaPalaj hat das Schutzgitter mit Hilfe von Fuss und Rüssel „geknackt“! Schon zerstampft sie den Behälter mit den Karottenstücken. Von allen Seiten erschallen „Mapi“-Rufe, doch die Gerufene hat mehr „Gluscht“ als Gehör. Erst als die mit Elefantenreiten und Abbrucharbeiten beschäftigten Wärter sie Aug in Aug tadeln, quietscht sie einmal und tritt dann zurück. Nachdem das Gitter wieder festgemacht ist, wenden sich alle wieder ihren Tätigkeiten zu. Ich beispielsweise bewundere die ganz nah vorbeitrottende Ceylon… - wirklich beeindruckend - …als erneut Schreie ertönen! MaPalaj ist schon wieder am Werk. Alles läuft wie vorhin ab. Doch nützt alles Tadeln und Festmachen nichts. Beim ungefähr vierten Mal protestiert MaPalaj entschiedener: Wild schüttelt sie den Kopf, begleitet von herzerweichendem Quietschen. Irgendwann entschliessen sich die Wärter, auf den ramponierten Behälter zu verzichten und die Karotten auszuleeren. Vielleicht war genau das Mapis Ziel: Warum sich anstrengen, wenn das Gemüse am Schluss doch frei zugänglich ist? Trotzdem macht sie sich nochmals am leeren Gitter zu schaffen. Uebung kann ja nicht schaden!

 

Arme MaPalaj: Als am späteren Nachmittag ein grosser Tier-Transporter vorfährt, fühlt die sich sichtlich unwohl. Doch man kennt seine Pappenheimer: Wasser plätschert, und alle Elefanten widmen sich ohne Zögern der flüssigen Verpflegung. So geht der Rest einfach vergessen.
Also, gute Reise zur nächsten Etappe!

 Zoo Rapperswil, Teil 2

Zurück nach Rapperswil, zu den „stationären“ Elefanten. Elefanten müssen wegen ihrer Grösse und ihrer schlechten Verdauung täglich rund doppelt so lange essen, wie wir Menschen arbeiten. Sogar an den Frei-Tagen! Bekanntlich tun die KNIE-Elefanten seit Anfang Jahr mehr für ihr Futter. Gewisse unserer fünf „MuskeTiere“ können nun nicht mehr ständig den grössten Heuhaufen für sich reservieren. Mit Einführung der Futterbehälter und Mauerlöcher sind aber auch drei Brennpunkte entstanden, die die Macht- und Kräfteverhältnisse neu austesten.

Der Elefantenkenner ahnt bereits, wer damit speziell gemeint ist: Es ist Sabu, im Februar mit 4.3 t die Schwerste, die mit ihrer Mischung aus überdurchschnittlichem Hunger und Individualismus für Unruhe sorgt. Sie hat eine der beiden Futterkugeln in Beschlag genommen. Dass ihre rüsselgeschwächte Kollegin Sumatra bei ihr steht, nimmt sie gerade noch in Kauf. Sabu manövriert Kopf und Körper stets so, dass es für Leichtgewicht Sumatra (1.5 t leichter als Sabu) unmöglich wird, an die Kugel oder ans ausgeschüttelte Futter zu gelangen. Manchmal stösst Sumatra ihren Kopf in Sabus Flanke. Zwar staubt Sabu wie ein Teppich, der ausgeklopft wird, doch sie nimmt das Drängeln gelassen. Arme alte Sumatra! Wenn’s um das eigene Wohl geht, zeigt Sabu selten Verständnis für ihre Kolleginnen. Allerdings beobachten wir etwas später, wie beide andernorts wieder zusammenstehen, Sabu unermüdlich schüttelt und es ihr nichts ausmacht, dass Sumatra sich grosszügig bedient. Doch scheint Sabus Gier wieder überhand zu nehmen. Als einer der begehrten Futterwürfel direkt vor Sumatras Füsse fällt, will Sabu das weggerollte Leckerchen ergreifen. Doch Sumatra reagiert prompt, indem sie rasend schnell selbst nach dem Würfel greift, dabei deutlich schnaubt und Sabu vorwurfsvoll anstarrt. Gut gemacht, Sumi!

Es ist schon lässig, wie man mit dem superstarken Rüssel die angeketteten Futterkugeln locker hochschlenzern kann; je kräftiger, desto mehr Futter fällt raus. Nur etwas ungünstig, dass die Kugel immer wieder auf Sabus Rüsselansatz landet und so mit der Zeit eine Abschürfung auf der empfindlichen Elefantenhaut verursacht. Falls Sabu Schmerzen oder ein Brennen verspürt, scheint sie das nur noch mehr anzustacheln. Gut, haben die Pfleger offene Augen und verschieben die Kugel an einen neuen Ort, der nicht mehr dieselben Manöver zulässt.

Auch zwischen Sabu und der „jungen alten“ Siri scheint das Futter zum Zankapfel geworden zu sein. Siri beschäftigt sich seit gefühlten Ewigkeiten und mit vorgereckten Segelohren – also richtig konzentriert – mit der Futterkugel beim Wasserfall. Kaum überquert Sabu die Grenzlinie vom Reitareal zum Badeareal, verlässt Siri ihre Kugel und schreitet zügig Richtung Sabu, die irritiert stehen bleibt. Siris knappe aber eindeutige Gebärde lässt Sabu rechtsumkehrt dahin verschwinden, wo sie hergekommen ist. Und Siri kehrt schnurstracks und zufrieden zu ihrer Beschäftigung zurück.

Der zurückhaltendsten der fünf, Rani, tut der Frühling richtig gut: Sie ist aufmerksamer als früher. Oder hat alles nur damit zu tun, dass sie abgenommen haben könnte? Das hiesse: Weniger Fett um die Augenlider, und das wiederum: Bessere Sicht. Jedenfalls kommen ihre schönen orangenfarbenen Augen deutlicher zur Geltung. Es ist für uns völlig ungewohnt, dass sie den Rüssel zum Gruss hochhält, und nun gleich mehrmals. Dass sie heute auch noch Gärtnerin spielt, daran haben die Pfleger vielleicht weniger Freude. Direkt beim Pool untersucht sie ein riesiges Grasbüschel, das sie soeben zusammen mit viel Erde ausgegraben hat. Ungewohnte Aktivitäten für die ausserhalb des Wassers statische Rani. Wenn sich nur kein Wurm in eins ihrer Rüssellöcher verirrt! Klein und harmlos? Nicht für einen Elefanten, der noch nie einen Wurm gesehen hat! 

Auch Sumatra hat was mitzuteilen. Schon längere Zeit steht sie bei einem herumliegenden Baumstamm. Plötzlich geht sie mit den Vorderbeinen in die Knie und faucht und trompetet protestierend. Bei dieser Gestik und diesem Blick werden wir das Gefühl nicht los, dass dieser ungünstig platzierte Baum sie stört Sorry, Sumatra, starr uns nicht so fragend an. Bei uns bist Du mit Deinem Anliegen an der falschen Adresse!

Siri und Sabu… Das Futter ist das eine. Gibt es neuerdings auch einen Arbeits-Neid? Kurz nachdem Siri vom Reiten entlassen wird, sollte Sabu noch einige Runden alleine drehen. Doch sie bleibt mehrmals störrisch stehen, vier bis fünf Leute auf dem mächtigen Rücken. Mit Ueberzeugungskraft schafft man es jeweils doch, sie in den Aufsteig-Turm zu manövrieren. Aber Sabu! Wenn Du die Leute nicht absteigen lässt, bleiben sie den ganzen Tag auf Dir sitzen! Sicher würde auch Dir das nicht gefallen, Du eigensinnige Diva!