April 2013: Zoo Rapperswil

Heiliger Heuhaufen! Woche für Woche dieses endlos trübkalte und nasse Wetter. Wer hätte das vom Frühling erwartet? Gut, weiss man jetzt noch nicht, dass diese ungemütlichen Umstände noch Wochen anhalten und Anfang Juni gar unwetterartige Ausmasse in Zentraleuropa annehmen würden. Für die junge Sandry jedenfalls das richtige Wetter, um ihr Revier noch genauer auszuloten: Also beispielsweise um exzessiv auf ein Eisentor zu klopfen und in den Klopfpausen dem hallenden Geräusch nachzulauschen, oder um unwillkommenem Federvieh den Rüssel entgegenzuschlenkern und den illegalen Eindringlingen auch mal nachzusetzen. Ab und zu bekommen auch die Zuschauergalerien direkt was von Sandry ab. Im belgischen Park Paradisio (jetzt „Pairi Daiza“) hat sie täglich Besuchertribüne und Besucher mit Wasser vollgesprüht. Diese besonders amüsante Fertigkeit hat sie noch nicht verlernt, aber die kleineren Menschenmengen hier sind halt schwieriger zu treffen… Sandry, ziel doch nicht immer auf mich! Naja, wenn’s wärmer wird, macht’s sicher noch mehr Spass.

Dass Sandry noch verspielter ist als die ihre jungen und älteren Knie-Kolleginnen zeigt sie auch beim Trinken. Das Badewasser muss wieder mal erneuert werden. Ist doch klar, dass die Tiere währenddessen weder baden noch duschen können. Sandry hat trotzdem Durst und versucht geduldig, ein paar Tropfen zu erhaschen. Allerdings ist auch der Pegelstand der direkt bei der Dusche liegenden Tränke zu tief, als dass das Wasser wie sonst in den Pool reinschwappen würde. Also wirklich! Man kann einen Elefanten doch nicht einfach dursten lassen. Deshalb schieben wir Wasser zu Sandry rüber. Ob sie realisiert, dass das Wasser nur dank unserer Hilfe fliesst? Sicher ist, dass – als wir eine Pause machen und kein Wasser mehr fliesst – ihr Rüssel unsicher die Trinköffnung abtastet, die Rüsselspitze sich nach oben biegt und einen langgezogenen nach Elefant riechenden Luftschwall auf uns loslässt. Ein paarmal machen wir dieses „Spiel“ mit, aber bekanntlich kann der Durst eines Elefanten unendlich sein.

Auch bei anderen der grauen Riesen stellen wir uns bisher nicht bekannte Verhaltensweisen fest. Sabu verteidigt ihr Futter neuerdings mit Vehemenz, meist gipfelnd in einem empörten kurzen Protest-Trompeten. Dass ihr Körper, also ihr Hinterteil, dabei immer schön zur „Kontrahentin“ zeigt, davon habe ich schon berichtet. Auch Sumatra zeigt uns bei einer Lieblingstätigkeit eine andere Seite: Unter der Dusche reisst sie ihr Maul auf und presst ihre Zunge weitestmöglich raus. Leidet sie an einem Zungenkrampf und kann sie nicht mehr einfahren? Oder wie bei den Hunden eine besonders effiziente Körperkühlung durch Zungenlüftung? So heiss ist nun auch noch nicht, dass das nötig wäre. Aber öfters was Neues.

Herdenleitkuh Patma eröffnet trotz unpassender Witterung die Badesaison. Klar, wer soll den Pool freigeben, wenn nicht die Chefin selbst? Typisch, ihr wegen Gelenkproblemen unendlich bedächtiges Vorschreiten zum saukühlen Badevergnügen. Nach viel Denkarbeit vor der Wassergrenze und einigen angedeuteten Anläufen der erste Schritt ins Wasser; Mundwinkel verziehen (?); zweiten Fuss bedächtig neben erstem platzieren; abwarten; nachdenken; abwarten; Schritt zurück andeuten, um gleich Bein Nummer drei nachzuziehen. Etwas später hat sie’s ganz ins Bad geschafft.

Nach dem Bad stimmt etwas nicht. Draussen am Pool begutachtet sie ein im tiefen Wasser gefundenes Objekt. Schon beim Baden hielt sie doch kurz irritiert inne. Langsam unterzieht sie das Objekt einem vorsichtigen Stampftest. Ein leiser, undefinierbarer Laut und sie zieht ihren Fuss erschreckt zurück. Entschlossen greift sie nochmals mit der Rüsselspitze nach dem Objekt und zieht es nahe zum Auge. Es ist ein Stein, etwa so gross wie ihr Auge! „Sowas in unserem Pool?“ Sichtbar grimmig und genervt schleudert sie den Stein verächtlich ins Badewasser zurück. Aber Patma, doch nicht ausgerechnet… Elefantenchefin Patma, die grosse Vordenkerin.